Die von der Europäischen Union erzwungenen, vertragswidrigen Finanzhilfen für Griechenland (in dem wunderbaren Artikel von Wolf Schäfer für die FAZ ausgezeichnet zusammengefasst) haben zumindest kurzfristig auch Euroskepsis – und dabei nicht nur die Skepsis vor der Gemeinschaftswährung sondern auch die Skepsis vor einer EU als „Vereinigte Staaten von Europa“ - aufkommen lassen. Nicht in der Politik, aber doch zumindest etwas in den Medien. Im Volk selbst muss die Euroskepsis schon lange nicht mehr ankommen, dort ist sie bereits auf breiter Front angekommen – sie wird nur erfolgreich ignoriert.
Dieser Autor hatte das zweifelhafte Vergnügen vor etwas mehr als einer Woche den Vorsitzenden der „Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament“ (S&D) im Europaparlament, Martin Schulz (SPD), bei einer Veranstaltung sprechen zu hören. Herr Schulz sprach über die Demokratie in Europa, er sprach über die Griechenlandrettung und, vor allem, sprach Herr Schulz darüber, dass die Zeit des Nationalstaats vorüber sei. Der EU müssten weitreichende, zentralistische Kompetenzen auf jedwedem Gebiet zukommen. In seinem Vortrag allein sprach Herr Schulz eine so breite Palette an Kompetenzen an, die auf die EU übertragen wurden oder noch übertragen werden müssten, dass das Ziel des europäischen Expansionsstrebens klar umrissen werden kann. Der Nationalstaat wird abgeschafft, die nationalen Parlamente verkommen zu „rubber stamps“, zu Stempel die jede EU-Entscheidung abnicken.
Dies sei, so Herr Schulz in unisono mit EU-Abgeordneten von links wie rechts (Angehörige der Fraktion Europa der Freiheit und der Demokratie [EFD] ausgenommen), nötig, weil in der heutigen Welt die einzelnen Staaten gar nicht mehr wichtig genug seien, um international Gewicht zu erhalten. Außerdem seien die Probleme unserer Zeit stets „zu groß“ um sie auf Einzelstaatlicher Ebene zu lösen. Die Ausweitung der Kompetenzen der EU auf alle Gebiete des Lebens sei daher „unausweichlich.“
Ein eindrucksvolles Beispiel: Wenn das Bundesverfassungsgericht bemerkt, dass mit dem Vertrag von Lissabon bzw. dessen Umsetzungsgesetz „kein ausreichender Raum zur politischen Gestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse“ mehr bleibe, dann liegt dies an den „national gesinnten“ Verfassungsrichtern. So sieht es zumindest Herr Schulz.
Die Frage, die in Ermangelung einer wichtigen, euroskeptischen Fraktion in Politik und Medien in Deutschland nicht gestellt wird ist – haben die Europhilen denn Recht? Muss Deutschland sterben – und nichts anderes ist diese Auflösung der Nationalstaaten als der Tod der Einzelstaaten und ihr Einfließen in eine mehr oder weniger homogene Masse mit dem Namen „Europa“ – damit die Probleme unserer Tage gelöst werden können und damit Europa international mehr Gewicht erhält? So wenig, wie das deutsche Volk je gefragt wurde, was es denn von einer EU hält, die über eine bloße Freihandelszone hinausgeht, ebenso wenig wurde je gefragt, ob die ewige Litanei denn auch wahr sei. In diesem und folgenden Beiträgen soll das geprüft werden.
Zunächst sei die Frage gestellt, ob Deutschland – und uns kann es hierbei ja nur um uns gehen, denn es muss ja die demokratische Entscheidung jeder Nation sein, ob sie ihre Gesetzgebungskompetenzen an eine überstaatliche Einheit abtritt – international kein Gewicht hat, weswegen eine EU-Mitgliedschaft für internationale Wichtigkeit unerlässlich ist (auf die Frage, ob internationale Wichtigkeit überhaupt notwendig oder wünschenswert ist, sei hier nicht eingegangen).Anno Domini 2010 ist Deutschland als Einzelstaat die 15. Bevölkerungsreichste Nation der Erde. Sein Bruttoinlandsprodukt Total (Kaufkraftparitätisch) ist das fünftgrößte der Welt. Im Jahre 2008 war Deutschland der größte Exporteur der Welt (heute wohl der zweitgrößte hinter China), und der zweitgrößte Importeur.
Die deutsche Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie, Maschinenbau, Chemie, Elektrotechnik sind international auf Spitzenplätzen äußerst konkurrenzfähig mit dabei.
Auch auf dem Gebiet der Kultur und in der Forschung ist Deutschland wichtig.
Es ist eher schwer verständlich zu machen, warum die fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Welt – hinter Staaten mit teils dramatisch höheren Bevölkerungszahlen wie den USA, Indien oder gar China - international kein Gewicht haben könnte, wäre sie nicht in eine EU eingebunden die mehr ist, als eine bloße Freihandelszone (denn dass der Freihandel unschätzbare Vorteile hat, streitet dieser Autor sicher nicht ab – mehr freier Handel ist in der Tat sehr erstrebenswert). Es ist eher unwahrscheinlich, dass – würden wir bewusst für unsere Interessen eintreten – diese ignoriert würden. Und welche Vorteile es uns dann bietet, zusammen mit Nationen aufzutreten, die uns im internationalen Gewicht teilweise weit unterlegen sein, wird nicht wirklich deutlich.
Dieses Argument kann man getrost als entkräftet ansehen. Es hält, ähnlich wie die Tendenz unserer Kanzlerin stets alles als „alternativlos“ zu deklarieren, nur ein Ersatz für offene Debatte – denn nichts scheuen die EU-philen mehr als das.
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